Sport IST Integration!

Stadt Köln behindert durch Hallensperrungen massiv die Integration

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Hintergrundinformation von Mitte April 2016, gezeichnet von Peter Pfeifer und Andreas Thiel, Vorsitzender und stellvertretender Vorsitzender der Sportjugend Köln. Das Vereinsbündnis gegen Hallenschließungen lässt sich die Zerschlagung des Breitensports durch die fortgesetzte Beschlagnahmung Kölner Sporthallen durch die Stadt nicht mehr gefallen und wird sich wehren.

Peter Pfeifer (Foto), der Vorsitzende der Sportjugend, fasst zusammen, dass dabei die Grenze des Erträglichen überschritten ist:

Der Vereinssport an der Basis beweist tagtäglich, dass er immense Integrationsarbeit leistet. Durch die Wegnahme der Hallen wird diese und weitere Integrationsarbeit verhindert und die Vereine werden massiv in ihrer Existenz bedroht.

Peter-PfeiferDiese Auffassung teilen eine ganze Reihe von Vereinen, die spontan mit starkem Zuspruch auf die Pressemitteilung der Sportjugend Köln vom 10.3.2016 reagierten, „Kölner Sport in der Flüchtlingsfrage völlig allein gelassen!“ In der Folge wurde ein Vereinsbündnis gegen Hallenschließungen ins Leben gerufen, das bereits vor Ostern zum ersten Mal getagt hat. Inzwischen schlossen sich weitere Vereine diesem Bündnis an, nach der Pressemitteilung der Sportjugend Köln vom 7.4.2016, „Kölner Sportvereine wieder mal ins Abseits gestellt“.

Veränderte Realität in Sportvereinen

Durch die Beschlagnahmung von inzwischen 27 Sporthallen wurde eine dramatische neue Stufe der Existenzbedrohung vieler Vereine erreicht. Dies ist mehr als ein Viertel aller noch in ganz NRW gesperrten Hallen! Städte wie Leverkusen und Düsseldorf sind da bereits deutlich weiter und bedeutend besser aufgestellt. Im Bundesland Hessen sind insgesamt nur rund ein Dutzend Sporthallen belegt. Es geht offenbar also auch anders.

Doch bereits vor Beginn der Hallenschließungen hat sich die Realität in Sportvereinen erheblich geändert. Selbstverständlich ist das Vereinsleben an der Basis nach wie vor von sehr viel unentgeltlichem Ehrenamt bestimmt. Aber in vielen Bereichen wie Gesundheits- und Rehabilitationssport, aber auch Fitness und Tanzen hängen Existenzen zahlreicher hauptberuflicher Trainer von der Betreuung ausreichend vieler Gruppen ab.

flüchtlingskinder_smallZudem sind die Tätigkeiten der Übungsleiterinnen und Übungsleiter bei weitem nicht nur auf die Anleitung zum Sporttreiben beschränkt. Die Kommunikation mit Kindern und ihren Eltern nimmt breiten Raum ein. Erwachsenen wird beim Ausfüllen von immer zahlreicher werdenden Formularen (Beispiel Teilhabepaket) geholfen, es werden Vorurteile abgebaut, Verständnishürden überwunden und dabei kulturelle Unterschiede wertgeschätzt (Foto: Bowinkelmann | LSB NRW).

Ein großer Anteil des Vereinssports betrifft Kinder und Jugendliche (in Köln ca. 45 Prozent). In den allermeisten Sportgruppen findet seit vielen Jahren eine Begegnung von Kölner Kindern statt, deren Eltern aus vielen verschiedenen Ländern stammen. Der Anteil von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund in Sportvereinen beträgt in einzelnen Stadtteilen und Angeboten bis zu 60 Prozent.

Schleichender Teilnehmerrückgang

Die Arbeit, die der Vereinssport seit vielen Jahren in Sachen Integration leistet, ist überhaupt nicht hoch genug zu bewerten“, erklärt Peter Pfeifer. „Es spricht für eine fatale Fehleinschätzung der Realität, wenn die Unterbringung von Flüchtlingen in Köln anhaltend ganz vorrangig zu Lasten der Sportvereine geht!

Die Stadt Köln hat sich offenbar bewusst für diese Alternative entschieden, weil diese Lösung vordergründig am günstigen erscheint und weil von Seiten des Sports am wenigsten Gegenwehr zu erwarten war.

VereinshelferinnenDoch die Hallensperrungen werden in vielen Sportvereinen langfristig noch weit größere Probleme bewirken. Denn der Mitgliederschwund ist schleichend. Auch wenn es in vielen Fällen mit großer Mühe noch gelang, bestehende Angebot räumlich zu verlegen, so bedeutet das doch eine Vielzahl von Austritten, wenn nicht schon in den ersten Wochen, dann aber spätestens zum Jahresende.

Diejenigen Vereine, die von Hallenschließungen stark betroffen sind und vor diesem Hintergrund den erhöhten Handlungsbedarf erkannt haben, stellen dabei ihre ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor einen Kraftakt sonder gleichen. Viele der Helferinnen und Helfer, die bei zusätzlichen Werbe- und Informationsständen bereits stundenlang zur Verfügung standen, sind Seniorinnen und Senioren und am Ende ihrer Kraft.

Lars-Görgens-outdoorUnsere Helfer kriechen auf dem Zahnfleisch“, berichtet Lars Görgens, 1. Vorsitzender der DJK Wiking in Chorweiler (Foto): „Durch viele Aktionen ist es uns zwar  gelungen, bis zum Ende des Vorjahres Mehraustritte von etwa 20 Prozent zu kompensieren. Doch das können wir in diesem Jahr nicht noch einmal leisten. Alternative Trainingsorte werden gerade in unserem Einzugsgebiet im Kölner Norden von vielen Mitgliedern, besonders sozial schwach gestellten Familien, aufgrund mangelnder Mobilität, zusätzlicher Kosten oder aus zeitlichen Gründen oft nicht angenommen.

Wie er, fürchten viele Vereinsmanager schon jetzt den Blick auf die Mitgliederbilanz am Ende dieses möglicherweise verheerenden Jahres für den Kölner Sport.

Jetzt Rückführungsplan der Sporthallen!

Das Vereinsbündnis gegen Hallenschließungen fordert von der Stadt Köln daher jetzt einen glaubhaften Rückführungsplan der Sporthallen zu ihrem eigentlichen Zweck. Nicht nur der Vereinssport ist betroffen, sondern in vielen Fällen auch der Schulsport, auf den Kinder und Jugendliche für ihren körperlichen Ausgleich nicht verzichten sollten und dürfen, wenn man den üblichen Sonntagsreden Glauben schenken soll!

flüchtlingskind5Aber die Folgen für den Vereinsport sind in der Zusammenfassung noch gravierender als bisher bekannt: Integration und Inklusion werden erschwert. Mitgliederverluste und fehlende Möglichkeiten neue Mitglieder zu gewinnen führen zu wirtschaftlichem Schaden. Ehrenamtlerinnen und Ehrenamtler sind am Ende und hören auf. Das Vereinsleben wird nachhaltig zerstört. Menschen werden ihre Begegnungsstätten genommen. Das bedeutet den Verlust sozialer Kontakte.

Damit steht der Vereinssport vor der unlösbaren Aufgabe, den bisher bestehenden gesellschaftlichen Aufgaben und Verpflichtungen nachzukommen – geschweige denn denjenigen, die für die Integration von Flüchtlingen auf lange Sicht hinzukommen! Dabei betonen das Vereinsbündnis und die Sportjugend noch einmal ihren festen Willen, diese Arbeit anzugehen! Darüber hinaus plädieren sie an die Stadt Köln zu erkennen: Übungsleiter und Trainer sind genau die Experten, die jetzt für die anstehende Integrationsarbeit benötigt werden! Vergrault Sie nicht auf Dauer! (Fotos: Bowinkelmann | LSB NRW)

Verstoß gegen Vereinbarung der regierenden Kölner Ratsparteien

flüchtlingskind4Daher schließt sich das Vereinsbündnis gegen Hallenschließungen an die Forderungen an, die bereits im vergangenen November beim 1. sogenannten Flüchtlingsgipfel formuliert wurden. Dabei beruft es sich auf die Kooperationsvereinbarung der Kölner Ratsparteien CDU und Bündnis 90/Die Grünen, worin es unter anderem heißt:

„Die durch den Breiten- und Freizeitsport genutzten Flächen wollen CDU und GRÜNE schützen.“ Als eines der wichtigsten Vorhaben wird genannt: „CDU und GRÜNE wollen mehr Kinder und Jugendliche für Sport und Bewegung gewinnen und dauerhaft begeistern.“

Dies widerspricht der fortgesetzten Praxis in Köln, Sporthallen für den Sport zu sperren.

Die Forderungen von Flüchtlingsgipfel und Vereinsbündnis gegen Hallenschließungen:

  • Die glaubhafte Zusicherung, dass keine weiteren Sporthallen gesperrt werden!
  • Eine verbindliche, aktuelle Liste, wann die belegten Hallen freigegeben werden, und welche Hallen, obwohl sie frei werden, weiter beschlagnahmt bleiben für zukünftige Belegungen.
  • Einen verbindlichen Zeitplan der Fertigstellung der geplanten, alternativen Unterbringungsmöglichkeiten, insbesondere der seit langem angekündigten Leichtbauhallen.
  • Einen transparenten Abbau von Bürokratie. Besondere Zeiten erfordern besondere Maßnahmen, sagte man den Vereinen! Dies muss auch für Politik und Verwaltung gelten.
  • Damit verbunden: Gerechte und faire Belastung aller gesellschaftlichen Bereiche bei der Unterbringung von Flüchtlingen: Kultur, Wirtschaft, Politik und Verwaltung. . Vollkommen klar: Besondere Umstände verlangen besondere Maßnahmen. Aber dann bitte für alle!
  • Angemessene und unbürokratische, ggf sogar zunächst pauschalierte, finanzielle Entschädigung bzw Erst-Soforthilfe für entstehende Kosten der Sportvereine durch Mitgliederschwund, Materialtransport, Anmietungen, Verbandsstrafen etc. Dabei müssen gesonderte Mittel aufgebracht werden, die nicht aus dem ohnehin schon angespannten Sportetat stammen (siehe Pressemitteilung der Sportjugend Köln vom 10.3.2016: „Kölner Sport in der Flüchtlingsfrage völlig allein gelassen!“). Eine komplette Befreiung der Sportvereine von den Hallengebühren wäre ebenso angemessen.
  • Einrichtung eines runden Tischs für den Bereich „Zukunft und Integration“ unter maßgeblicher Beteiligung des Sports

Zuletzt betont das Vereinsbündnis gegen Hallenschließungen nochmals seine ungebrochene Willkommenskultur und hebt hervor, dass der Sport sich jetzt und künftig als wesentlichen Integrationsfaktor in dieser Stadt sieht.

Die berechtigten Zweifel bleiben jedoch bestehen, in welchen Sporträumen die Integration wirksam werden soll, solange sich die beschriebene Situation nicht ändert. In Anbetracht der jüngsten Ankündigung, dass die Stadt Köln weiterhin jede Woche 225 Flüchtlinge aufnehmen wird, ist das Vereinsbündnis gegen Hallenschließungen nicht bereit über weitere Wochen und Monate sich vertrösten zu lassen. 

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